Persönlicher Tradingstil – Präzision bei der Umsetzung
Liebe Leser,
Angenommen Sie haben einen eigenen Tradingstil entwickelt. Sie haben erkannt, was Ihnen persönlich liegt. Sie haben eine Vorstellung davon wie der Markt funktioniert und daraus einen Setup entwickelt, dessen Umsetzung sich zeitlich hervorragend in Ihren Lebensablauf einpasst.
Nun kommt es auf eine präzise Umsetzung dieses Setup an. Betrachten Sie dessen Potenzial als ein reifes Weizenfeld, das nur noch abgeerntet zu werden braucht. Der Mähdrescher bei seiner Arbeit ist daher das Sinnbild für diesen Artikel. Präzision heißt, dass Sie den Zeitplan für ihre regelmäßigen Tätigkeiten einhalten. Wenn der Landwirt im Sommer nicht jeden Tag mit schönem Wetter nutzt, um die Ernte einzufahren steigt die Chance, das Unwetter zu Ernteeinbußen führen.
Es ist auch notwenig, dass Sie auf alle Signale Ihres Setups reagieren. Der Mähdrescher fährt ganz exakt Bahn für Bahn das Feld ab und lässt nicht hier eine Insel und dort eine Reihe von Weizen stehen.
Einstieg und Ausstieg müssen zueinander passen, sonst lassen Sie Geld auf dem Tisch liegen. Wenn hier Mähdrescher und Traktor nicht exakt nebeneinander herfahren, geht Weizen verloren. Wenn sie mit einem längerfristigen Plan in einen Trade einsteigen, diesen dann aber aus einer Laune heraus oder unter dem Druck der Marktereignisse schließen, ohne dass Stopp oder Ziel erreicht wurden, verschenken Sie Geld.
In dem Moment, in dem die Ernte erfolgt, gilt es sich auf die aktuelle Tätigkeit zu konzentrieren und auf sonst nichts. War die Einsaat zu früh oder zu spät? Passt die Weizensorte zum Boden?. All das spielt für die Tätigkeit des Erntens überhaupt keine Rolle. Es kommt jetzt nur darauf an, die aktuelle Tätigkeit präzise und fehlerfrei auszuführen.
Der Trader konzentriert sich darauf, keinen Fehler bei der Ordereingabe zu machen. Er kann versuchen, für ihn günstige Ein- und Ausstiegspreise zu erhalten. Dazu setzt er zum Beispiel Limits an Stellen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit erreicht werden statt die (für den Trader teuren) „Bestens“ oder „Billigst“ Order zu verwenden. Auf jeden Fall hält er sich aber an seinen strategischen Plan. Das fällt ihm nicht allzu schwer, denn bei korrekter Vorbereitung passt der Plan ja zu seiner Persönlichkeit.
Beim Säen und Ernten erfolgt alles zu seiner Zeit. Auch der Trader hat einen Zeitplan. Wenn er seine Beobachtungsliste bearbeitet, dann macht er nur das. Die Eingabe von Orders erfolgt zu festen Zeiten nach Möglichkeit ungestört und unter höchster Konzentration. Getrennt davon läuft das Management der laufenden Positionen. Es sind Entscheidungen zu fällen. Werden Positionen vergrößert? Oder werden sie reduziert bzw. ganz geschlossen?
Die Summe der vielen Kleinigkeiten einer präzisen Umsetzung kann den Unterschied zwischen Verlust und Gewinn ausmachen. Oder zwischen einem Miniprofit und einem beträchtlichen Profit.
Von der Umsetzung vollkommen getrennt ist die Nachbetrachtung von abgeschlossenen Trades. Diese sollte zu einer ruhigen Zeit erfolgen, wenn die Börsen geschlossen sind. Auch der Landwirt denkt im Winter über seine neue Strategie nach, denn dann hat er Zeit dafür. Hatte er Ernteausfälle zu verzeichnen, weil er nicht auf die Unbilden des Sommerwetters vorbereitet war, so schließt er jetzt Verträge über das Hinzumieten zusätzlicher Erntemaschinen ab.
Die Frage, ob das sein System funktioniert, ist für den Trader natürlich relevant und kann durch die Nachbetrachtung von abgeschlossenen Trades beantwortet werden. Und durch das Hinzuziehen von Charts mit vergleichbaren Situationen im selben Zeitraum.
Hat er vor allem taktische Fehler gemacht? Verwendet er eine Strategie, die nicht (mehr) zum Markt passt? Abhängig von der Zeitebene, in der gehandelt wird, muss die Strategie mehr oder weniger oft angepasst werden. Manchmal sind es nur kleine Adjustierungen („Nach Ausbruch zwei Tage warten, ob es kein Fehlsignal ist“), manchmal müssen ganze Strategien über Bord geworfen werden („Momentum Trading funktioniert überhaupt nicht mehr“).
Um diese stetige Neujustierung des Systems geht es im nächsten Artikel der Reihe.