Trendfolger schließen sich den Gewinnern an
Liebe Leser,
Was meine ich mit Formulierung „für Trendfolger uninteressant“ in einer Chartanalyse? Manchmal wird mir von jemand gesagt, dass er nichts von Charttechnik hält weil man aus Linien und Kurven nicht die Zukunft prognostizieren kann. Das sei wie das Lesen von Kaffeesatz oder anderer Hokuspokus. Meine Standardantwort dazu ist: Charttechnik ist kein Linienhokuspokus, sondern eine Methode zur Beobachtung der Teilnehmer eines Marktes. Die Idee ist, dass sich aus der Beobachtung der Teilnehmer ein Verständnis für den Markt entwickelt. Ein Verständnis, mit dem man dann gute eigene Entscheidungen fällen kann.
Konkret: Bei einem Markt geht es im Grunde darum einen Gleichgewichtspreis zu finden, der von der Mehrheit als „korrekt“ betrachtet wird. Dazu gibt es ein ewiges Ringen zwischen den Bullen, die den Preis nach oben treiben wollen und den Bären, die ihn drücken wollen. Gelegentlich bekommt dabei eine Seite ein deutliches Übergewicht. Und das ist für den Beobachter eine interessante Information, weil solche Ungleichgewichte lange Zeit anhalten können. Damit ist der einfache Grundplan für Trendfolger vorgegeben: Er schließt sich immer dem klaren Gewinner an, falls es solche gibt.
Nun zum Chartbeispiel, der RWE Aktie. Sehen Sie hier einen Gewinner? Ich nicht! Seit Mitte Mai zähle ich sieben bedeutsame Kurswechsel, im Chart mit 1 bis 7 bezeichnet. An den Stellen 2 und 5 waren sogar Extreme erreicht worden, und der Kurs entwickelte sich dann trotzdem sofort im Anschluss in die andere Richtung. Die Kurswechsel 6 und 7 scheinen vergleichsweise unbedeutend zu sein. Aber der Kurswechsel 6 fand gegen einen starken Gesamtmarkt statt, was am auch am Indikator „individuelle Stärke“ unter dem Chart sieht. Daher ist er bedeutend.
Tritt man etwas zurück, sieht man, dass der Kurs anscheinend immer wieder einer Mitte zurückstrebt. Diese ist hier sogar sehr gut auszumachen. Es sind 29 Euro (als Linie eingezeichnet), und genau hier befindet sich der Kurs im Moment. Das also bedeutet die Formulierung „für Trendfolger uninteressant“. Es gibt einen dominanten Gleichgewichtspreis, dem die Aktie immer wieder zustrebt, und weder Bullen noch Bären können daran im Moment etwas ändern.
