Trendwenden brauchen Zeit
Wenn die Aktienmärkte sehr lange gestiegen sind, fragen sich Anleger immer öfter, wie lange das noch so weiter geht, und wann es denn zu einer Trendwende kommt. Meine Standard Antwort dazu ist: Das kann keiner im Voraus wissen, und man sollte daher in erster Linie dem Trend folgen. Trotzdem ist es natürlich nützlich, wenn man weiß, was zu einer Trendwende führt, und wie man die Anzeichen dazu frühzeitig erkennt.
Prägen Sie sich zunächst die folgende Kernaussage ein: „Trendwenden brauchen Zeit“. Wenn man das verinnerlicht hat, macht man nicht mehr den Fehler, dauernd in der Vorwegnahme einer möglichen Trendwende zu agieren, und dabei viel Geld zu „verbrennen“. Nämlich zum einen durch entgangene Gewinne, weil man Positionen in Trendrichtung zu früh glatt stellt. Und zum anderen durch Verluste mit Positionen, in denen man sich gegen den Trend stellt.
Langfristige Anleger machen Trendwenden
Woran liegt es, dass eine Trendwende so viel Zeit benötigt?
Diese Artikelreihe beschäftigt sich mit den Verhaltensweisen von Anlegern, die zu Chartmustern führen. Daher hier die Erklärung aus dieser Sicht: Die Akteure, die am Markt eine Trendwende durchsetzen sind die langfristigen Anleger mit einer fundamentalen Perspektive auf den Markt.
Und die haben eben Zeit. Vor einer Trendwende nach oben entwickeln sie eine Vorstellung davon, auf welchem Niveau eine Aktie fundamental „billig“ ist.
Wird dieses Niveau erreicht, beginnen sie mit ersten Käufen. Sie beeilen sich nicht damit, sondern setzen darauf, dass sie bei Panikverkäufen noch günstigere Einkaufskurse bekommen. Erst wenn sie merken, dass sie Konkurrenz durch andere Käufer bekommen, weiten sie ihre Käufe aus.
Im Chart entsteht dann das Basismuster einer Trendwende, nämlich ein höheres Tief. Weil nun verschiedene Käufer beginnen, „um die Aktie zu konkurrieren“, kann diese nicht mehr auf ein neues Tief fallen. Als Beispiel dazu die EON Aktie, bei der eine solche Trendwende im Mai 2013 erfolgt war.
Trendwende bei der E.ON Aktie
Die Phasen der Trendwende sind hier mit 3 Paaren von Punkten in den Ampelfarben eingezeichnet. Ein Versuch im Januar ein höheres Tief zu etablieren war gescheitert (hellroter und roter Punkt). Das war für die Bären ein gefundenes Fressen, der darauf folgende Abwärtstrendschub konnte leicht und profitabel gehandelt werden. Die Bären profitieren in so einem Fall von ungeduldigen Bullen, die zu früh einsteigen.
Ein erstes leicht höheres Tief Ende Februar mit einer Bestätigung im März ist mit einem gelben Punktepaar gekennzeichnet. Nach einem langen und starken Abwärtstrend wie bei E.ON ist aber noch mal eine starke Gegenwehr gegen eine Trendwende zu erwarten. Das ist im April passiert.
Geduldige Trader wissen das und warten so eine Bewegung ab.
Die erwähnte Gegenwehr endete dann mit einem noch mal höheren Tief und erhielt eine Bestätigung Anfang Mai (grünes Punktepaar). Damit war die Trendwende vollzogen und er Abwärtstrend von E.ON beendet.
P.S.: Den Artikel habe ich im Mai 2013 geschrieben. Sieht man sich den weiteren Chartverlauf von E.ON an, erkennt man, dass sich an die Trendwende ein langer Seitwärtstrend anschloss. Die Etablierung eines neuen Aufwärtstrends benötigte dann sogar noch sehr viel mehr Zeit.
Fazit: Trendwenden brauchen Zeit. Der wesentliche Grund dafür ist, dass die Hauptakteure einer Trendwende die langfristig orientierten Anleger sind, und diese in der Tat Zeit haben.
Geben Sie einer Aktie also diese Zeit und verlieren Sie kein Geld durch ein zu frühes Antizipieren der Trendwende. Achten sie bei Trendwenden nach oben, auf die Ausbildung von höheren Tiefs.