Unruhige Aktientrends
Mit der Besprechung von einem „unruhigen“ oder „ruppigen“ Aktientrendverlauf komme ich zu einem Thema, über das man in der Finanzpresse so nicht viel liest. Weil es vielleicht etwas „böse“ ist, und einem gerne verbreitetem Bild widerspricht, nämlich „Alle können Geld an der Börse verdienen, wenn sie es nur richtig machen“. Ich sage es mal so: Andere wollen auch Geld verdienen an der Börse, und sie wollen Ihr Geld! Wer die Macht dazu hat, der wird versuchen, ihnen Aktien möglichst billig abzukaufen, welche Sie möglichst teuer gekauft haben. Glauben Sie nicht auch? Deswegen ist es gut, sich Gedanken zu machen: Welche Möglichkeiten haben diese „Anderen“ denn, Und kann ich das Verhalten an Spuren im Chart erkennen?
Dazu ein Beispiel. Ich hatte Ihnen bereits den Trend als simples Chartmuster vorgestellt. Die Erklärung dafür war, dass die Anlegergruppe bestimmte Fakten nur langsam aufnimmt, und sich ihre Käufe daher über die Zeit verteilen. Daraus entsteht der Trend. Was ist aber, wenn statt einer großen Gruppe von Anlegern nur ein einziger Fond in die Aktie investiert, der dafür aber eine große Summe anlegen möchte?
Weil der Manager des Fonds von der Aktie überzeugt ist. Weil er und sein Team viel tiefer recherchiert hat als Kleinanleger das können.
Dann entsteht auch ein Trend, aber der sieht leicht anders aus. Dieser Fondmanager wird versuchen, durch vorsichtiges Kaufen den Einkaufsschnitt möglichst niedrig zu halten. Das verstehen Sie sicher, das ist schließlich seine Aufgabe! Zum einen wird er seine Käufe über die Zeit strecken. Und wenn er weiß oder merkt, dass seine Käufe den Handel der Aktie dominieren, kann und wird er das ausnutzen. Zum Beispiel, indem er zwischendurch mal ein paar Stücke schnell verkauft, um die Stopps der Kleinanleger auszulösen.
Diese liegen oft geballt unter absehbaren Punkten. Ein Auslösen der ersten Stopps führt zu einer Lawine von Auslösungen, und der Fondmanager kann Aktien billiger kaufen um seinen Kaufschnitt zu senken. Sehen Sie diesen Chart von Beiersdorf. Das ist zwar eine Dax Aktie, aber eine „kleine“, so dass der Umsatz durchaus von Wenigen kontrolliert werden kann:
Mit Abstand betrachtet ist auch ein unruhiger Aktientrend glatt
Im Grunde befindet sich die Aktie seit längerer Zeit in einem stabilen Aufwärtstrend, wenn man den Chart mit etwas Abstand betrachtet. Geht man jedoch „näher heran“, dann bemerkt man einige Unruhe in der Chartentwicklung. Die beiden grünen Punkte markieren große grüne Bars, also Tage als starke Käufe die Aktie nach oben getrieben haben. Das ist vielleicht noch normal, das kann auch durch die Käufe vieler Anleger nach einer Nachricht passieren.
Etwas seltsam sind allerdings die lange Lunte der ersten Bar und der recht starke Kursrückgang in den Tagen nach der zweiten Bar. Das deutet schon ein wenig auf Kontrolle hin. Zudem waren die Halter der Aktien gerade „weich gekocht“, wenn man den Chartverlauf in den Tagen davor betrachtet, und deshalb wohl in großer Zahl bereit, ihre Aktien zu verkaufen.
Sehr auffällig sind die durch die drei dunkelroten Punkte markierten Kursrückgänge. Dabei wurden jeweils wichtige Kursniveaus verletzt (was zu Stoppauslösungen führt), doch über kurz oder lang stiegen die Kurse wieder an. Nicht ganz sicher bin ich bei dem hellroten Punkt. Hier wurde ein Ausbruch „negiert“, was auch Stopps auslösen kann.
Letztlich ist es die Häufung derartiger Ereignisse, welche mich auf Kontrolle durch eine kleine Gruppe schließen lässt. Was kann man dagegen tun? Leider nichts Simples, was nicht eine Einschränkung er eigenen Gewinnmöglichkeiten bedeutet. Das Beste ist es, den Stopp weit von offensichtlichen Punkten weg zu legen. Bei einem vernünftigen Risikomanagement bedeutet das aber auch eine kleinere Position.
Gut ist es schon, zu wissen, das so etwas bei einer Aktie typischerweise auftritt. Man beobachtet eine Aktie und lernt dadurch etwas über ihren „Charakter“, wobei es hier präzise um den Charakter des Handelsprozesses der Aktie geht. Wenn man diesen versteht, hat man bedeutend mehr Möglichleiten, für einen solchen Chart Tradingpläne zu entwickeln. Aber dazu ist ein längerer Lernprozess notwendig.
Bei meinen Dax Analysen bewerte ich die Trends mit Qualitätssternen. Wenn ich erkenne, dass Trends „ruppig“ sind, und die Kontrolle der Aktie daher wahrscheinlich in wenigen Händen liegt, dann führt das zur Abwertung. Ein solcher Trend kann keine drei Sterne bekommen.
Unruhige Aktientrends werden „gemacht“
Fazit: Ein unruhiger Trendverlauf, der immer wieder wichtige Marken verletzt, deutet auf die Kontrolle einer kleinen Gruppe von Anlegern über die Aktie hin. Beschäftigen Sie sich erst mit solchen Aktien, wenn Sie die Fähigkeit entwickelt haben,
sich in die Gedankenwelt solcher Fondmanager hineinzuversetzen. Dann gelingt es Ihnen vielleicht deren nächsten Schritte vorauszuahnen. Anfänger meiden solche Aktien komplett.