Trader Gernot Daum (Statistikfuchs)

Branchenbetrachtung: Gefahren für den Finanzsektor

Liebe Leser,


Bereits im letzen Artikel hatte ich angekündigt, das „Thema Nummer 2“ für die Aktienmärkte 2015 zu nennen. Das erste Thema war, wenn Sie sich erinnern, die „Erhaltung der Kaufkraft“ und betrifft vor allem die Wechselwirkung zwischen Anleihe- und Aktienmärkten. Das zweite Thema hängt damit zusammen und heißt „Gibt es 2015 eine neue Finanzkrise?“. Von diesem Thema ist zunächst einmal mit dem Finanzsektor ein ganz bestimmtes Segment das Aktienmarktes betroffen: Das sind hauptsächlich Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister.


Das Thema hängt auch damit zusammen, was in der letzten Woche passiert ist. Speziell die Finanzbranche verlässt sich seit einigen Jahren auf die Politik, vor allem die Notenbankpolitik, zur Stabilisierung des Finanzsystems. Insbesondere auch darauf, das große Finanzinstitutionen nach Schieflagen aufgrund zu hoher eingegangener Risiken „gerettet werden“.

In der letzen Woche musste nun die Schweizer Notenbank dem Druck des Währungsmarktes nachgeben, und kann die eigene Industrie nicht mehr gegen einen zu hohen Frankenkurs schützen. Das weckt erste Zweifel an der Allmacht der Notenbanken, auch wenn es sich hier nur um einen „kleinen“ Vertreter handelt.


Da abseits von allen theoretischen Betrachtungen immer auch konkrete Hinweise da sein müssen, um ein Thema aktuell relevant für Aktienmarktgeschäfte zu machen, sehen Sie nun Charts dazu. Das die Deutsche Bank und die Commerzbank im Abwärtstrend sind (und damit von der aktuellen Stärke des Dax nicht profitieren) wissen Sie. Wie sieht es aber am größten Aktienmarkt der Welt in den USA aus? Sehen Sie also 2 Branchencharts vom US Markt. Beide Charts zeigen dasselbe Bild.


Zunächst ist es der Nasdaq Financial 100 Index, ein Index der 100 größten Finanzunternehmen an der NASDAQ. Das Chartbild ist bekannt als „broadening Top“, auf Deutsch manchmal auch als „Megafon“ bezeichnet. Nach dem Kursanstieg von den Oktobertiefs aus kam es zu mehreren kurzfristigen Trendwenden, wobei die Tiefs immer tiefer und die Hochs immer höher lagen.


Das zeigt große Unsicherheit im Markt und die Existenz von zwei starken entgegen gerichteten Strömungen. In den letzten Tagen kam es nun zu einem Ausbruch aus diesem Megafon nach unten. Jede Kraft für einen Aufwärtstrend ist damit für längere Zeit verschwunden. Ob sich tatsächlich bereits ein Abwärtstrend entwickelt, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.

Tageschart des Nasdaq 100 Financial Index im Januar 2015

Der zweite Chart ist der PHLX KBW Bank Index, der nur Banken umfasst. Das Chartbild ist dasselbe wie schon gesehen. Allerdings war der Ausbruch aus dem Megafon nach unten hier noch heftiger. Mögliche Probleme der Branche scheinen sich also stärker auf die Banken zu konzentrieren. Es werden erste Erinnerungen an das Jahr 2008 wach, als Banken und Versicherungen starke Abwärtstrends entwickelten. die überhaupt nicht mehr aufhören wollten.


Fazit: Die Finanzbranche spielt zurzeit eine Hintergrundmusik in Moll für die Aktienmärkte. Sollte sich hier der Trend nicht wenigstens im neutralen Bereich halten können, wird früher oder später der komplette Aktienmarkt mit nach unten gezogen. Auch wenn es im Moment gute Gründe gibt, in starken Aktien long zu sein. sollte man für wirklich große Positionsgrößen etwas entspanntere Charts der Finanzbranche abwarten.

Tageschart des PHLX KBW Bank Index im Januar 2015