Trader Gernot Daum (Statistikfuchs)

Auf Anleihen achten – Gefahr droht

Liebe Leser,


Wer diese Kolumne regelmäßig liest weiß, dass ich immer auf der Suche nach „dem“ aktuellen Thema bin, das die Entwicklung des Aktienmarktes bestimmt. Hat man ein solches Thema gefunden, genügt die Beobachtung von nur wenigen zusätzlichen Charts, um das Umfeld für die eigene Aktienmarktstrategie zu bestimmen.


Im Moment sind dir Anleihenmärkte dieses wichtige aktuelle Thema. Zwei Dinge fallen auf: Erstens fallen sie stark und nun droht sich die Bewegung sich sogar noch zu beschleunigen.

Und zweitens laufen sie im Moment eher parallel zu den Aktienmärkten. Das ist zumindest für die letzten 10-15 Jahre ungewöhnlich. Den in dieser Zeit haben die beiden Märkte um die umlaufende Liquidität konkurriert. Stiegen die Aktienmärkte, fielen die Anleihemärkte und umgekehrt.


Der Gleichlauf beider Märkte verkörpert hingegen ihre „klassische Beziehung“ über die Konjunktur. Steigen die Zinsen (weil die Anleihemärkte fallen), so ist das schlecht für die Konjunktur und somit auch schlecht für die Aktienmärkte.

Die neue Dominanz der zuletzt genannten Beziehung zeigt zumindest, dass die Märkte das Vertrauen in die Notenbanken verlieren, über die Liquidität eine positive Marktentwicklung auf unbestimmte Zeit steuern zu können.


Zur Illustration sehen Sie den Wochenchart des „TLT“, einem Fond über einen Korb von US Anleiten mit Laufzeiten von 20 Jahren und mehr. Auffällig ist ein stetiger Aufwärtstrend seit Begin des Jahres 2014, welcher sich Anfang 2015 sogar noch beschleunigt hat. Danach kam es zu einer (zunächst) technischen Korrektur.


Doch nun sind die Grenzen dessen, was noch als Korrektur abgetan werden kann erreicht. Die kritische Marke liegt hier bei 118 Punkten. Kann diese nicht gehalten werden, ist eine Beschleunigung der Abwärtsbewegung gut möglich. Das Ziel der Bewegung liegt dann bei den Tiefs aus dem Jahr 2013 bei 102 Punkten.


Es kann auch sein, dass das Geld, welches dann aus den Anleihemärkten heraus fließt, wieder in den Aktienmarkt strömt. In diesem Fall würden die Märkte das Vertrauen darin signalisieren, dass die Notenbanken weiterhin alles im Griff haben. Im Moment ist dem jedoch nicht so.

Wochenchart des TLT (Korb langlaufender Anleihen) im Juni 2015


Fazit: Achten Sie im Moment für Ihre strategisches Gesamturteil vor allem auf zwei Dinge: Fallen die Anleihenmärkte weiter und gehen in einen ausgewachsenen Abwärtstrend über? Und bleibt es bei der Parallelentwicklung der Aktienmärkte zu den Anleihemärkten? Dann stellen Sie sich besser auf volatile Märkte ein.

Stoppt der Kursrückgang der Anleihemärkte und / oder entwickeln sich die Aktienmärkte wieder entgegen den Anleihemärkten, kehren wir zu „Business as usual“ zurück, und das Vertrauen in die Notenbanken ist wiederhergestellt.