Psychologie des Dreiecks im Aktienchart
Ich verwende bei Chartanalysen oft Begriffe wie „saubere Linie“, „unruhige Kursentwicklung“, „schöner und glatter Aufwärtstrend“, „ruppige Trendentwicklung“ oder Ähnliches. Was aber macht einen Trend „schön“ oder „unschön“, einen Kursverlauf „glatt“ oder „ruppig“? Es ist vor allem ein Gegensatzpaar, das ich heute anhand des Dreieckskursmusters erörtere.
Es geht um „Kontrolle einer kleinen Anlegergruppe über Kauf und Verkauf“ versus „Konkurrenz von starken Anlegern auf der Kauf- und/oder der Verkaufseite“. Und ich sage Ihnen auch gleich, was für Sie nützlich ist: Suchen Sie sich eine Konkurrenzsituation, die Sie im Chart lesen können. Hiervon können Sie leichter profitieren, als von einer Aktie, die unter Kontrolle steht.
Wie das Sprichwort schon sagt „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“. Beim der Erörterung des Rechteckes habe ich das Muster auf die Existenz eines „Käufers“ und eines „Verkäufers“ zurückgeführt. Sicher eine starke Vereinfachung, aber es geht mir darum, die wesentliche Ursache des Musters darzustellen.
Beim Dreieck ist es nun ähnlich. Ersetzen Sie aber bitte „ein Käufer“ und „ein Verkäufer“ durch „zwei konkurrierende Käufer“ und „zwei konkurrierende Verkäufer“. Sehen Sie dazu diesen Wochenchart der HeidelbergCement Aktie, in dem sich zwischen Frühjahr 2011 und Herbst 2012 ein schönes Dreiecksmuster herausgebildet hat:
Mehrere Käufer und Verkäufer treten auf
Der Kurs war im Frühjahr 2011 zweimal im Bereich 52/54 Euro abgeprallt. Hier trat also vermutlich ein starker Verkäufer auf den Plan, der diesen Kursbereich für das Maximum hielt, was die Aktie erreichen kann. Wie stark der Verkäufer war, sieht man an der Tiefe des Falls, der die Aktie bis 24 Euro herunterbrachte. Wobei am Schluss der Bewegung wahrscheinlich nicht mehr der ursprüngliche Verkäufer ausschlaggebend war, sondern andere Anleger, die ausgestoppt wurden oder ganz einfach aufgegeben haben. Doch im Bereich von 24 Euro galt die Aktie für einen Kaufinteressenten offensichtlich als „billig“, und dieser begann mit Käufen. Dass hier in der Tat ein starker Käufer auftrat, ist wiederum nur im Nachhinein an Stärke und Dauer des Anstiegs zu sehen, er die Aktie weiter auf 48 Euro brachte.
Bei 48 Euro drehte die Aktie erneut nach unten, weil nun der Verkäufer wieder auftrat. Doch halt, wieso bei 48 Euro, wieso hat er nicht bis 54 Euro abgewartet? Ohne es natürlich mit Sicherheit zu wissen, habe ich eine plausible Erklärung dafür: Es gibt einen zweiten starken Verkäufer. Dieser weiß, dass wahrscheinlich zwischen 52 und 54 Euro der andere Verkäufer auftritt, und beginnt mit seinen Verkäufen früher. Wahrscheinlich merkt der erste Verkäufer das, und beteiligt sich an den Verkäufen, so dass sie zusammen die Aktie wieder auf 32 zurück treiben. Oder zumindest für den starken Anfangsschub der Abwärtsbewegung sorgen.
Und warum nun nur bis 32 und nicht bis 24 Euro? Nun, es ist die gleiche Situation auf der anderen Seite. Ein weiterer Käufer tritt auf und lässt nicht mehr zu, dass der Preis so weit fällt. Die Käufer beginnen nun schon sich ab 32 gegenseitig um den Kauf der Aktie zu überbieten. Der Preis steigt bis 44. Und wieder versuchen sich die Verkäufer gegenseitig zu unterbieten. Der Preis fällt bis 38, und das gleiche Spiel auf der Käuferseite findet statt. So entsteht ein Dreieck.
Doch dann ändert sich die Situation, und an der mit einem grünen Punkt markierten Stelle tritt nun ein echtes Kaufsignal auf. Denn der Preis steigt über die 44 Euro hinweg, ohne das Verkäufer auftreten. Und da diese sich gegenseitig konkurriert hatten, kann man sich jetzt ziemlich sicher sein, das sie „fertig“ sind. Das macht das Signal sehr verlässlich.
Es trat dann eine Zeitebene tiefer im Tageschart noch ein Duell von einem Käufer mit einem Verkäufer auf. An diesem Beispiel hatte ich das Rechteck erörtert, siehe den obigen Link. Im Wochenchart ist das Rechteck einfach als Konsolidierung des Ausbruchs sichtbar. Danach steigt der Kurs schnell zum alten „Höchstpreis“ bei 54 Euro. Und hier vollendet sich nun eine Bodenbildung im Monatschart, aber das ist eine andere Geschichte. Die Betrachtung einer Aktie in verschiedenen Zeitebenen eröffnet einem erstaunliche Perspektiven.
Das Dreieck im Aktienchart zeigt eine Konkurrenzsituation an
Fazit: Ich habe Ihnen hier die Psychologie des Dreiecks als Konkurrenz von Käufern bzw. Verkäufern untereinander erläutert. Wichtig hierbei ist aber das Grundprinzip der Konkurrenzsituation.
In einer Konkurrenzsituation haben nicht Einzelne die Kontrolle über eine Aktie. Deshalb können sie ihr Handeln im Chart auch nicht so leicht verwischen, und hinterlassen deutlichere Spuren. Nutzen Sie das für sich aus, und lernen Sie, solche Spuren zu lesen.